Für immer quantitative Easing? - GLKB
Für immer quantitative Easing?
Der jüngste Anstieg der italienischen Credit Spreads (Risikoaufschlag) gegenüber der deutschen Bundrendite stellt das Länderrisiko Italiens wieder in den Mittelpunkt. Der rasante Zinsanstieg der italienischen Staatsanleihen ist ein Zeichen dafür, dass Bondinvestoren immer noch denken, Italien könne nur mit ewigem Quantitative Easing überleben. Im April 2021 hatten wir bereits ausführlich über das Länderrisiko Italiens wegen der übermässigen Staatsverschuldung und der dadurch möglichen Auswirkungen auf die Finanzmärkte berichtet. Der Risikoaufschlag wurde für lange Zeit sehr tief gehalten, da die EZB bekanntlich in einem noch nie dagewesenen Ausmass italienische Staatsanleihen gekauft hat. Darüber hinaus bekommt das Land über 200 Mrd. EUR vom Recovery Fund (Wiederaufbaufonds), was dank der internationalen Glaubwürdigkeit von Mario Draghi möglich war. Diese Faktoren waren lange Garanten für Stabilität und tiefe Zinsen italienischer Staatsanleihen. All dies liegt aber nicht mehr vor. Zum einen wird die EZB das Tapering mit der konsequenten Reduktion der Anleihenkäufe von Italien umsetzen. Zum anderen könnte die Wahl des neuen Republikpräsidenten zu einer politischen Instabilität führen. Gerade eine instabile Regierung wäre nicht in der Lage, die bedeutenden Beträge des Recovery Funds in Infrastrukturen, Brücken und Eisenbahnen usw. zu investieren. Dies nicht zuletzt deshalb, weil eine politische Instabilität die Korruption und die Unregierbarkeit des Lands begünstigt. Wenn dieses Szenario tatsächlich Realität würde, müsste man von weiter steigenden Zinsen in Italien ausgehen. Weiterhin erfolgt dies in einer Konstellation von steigender Inflation und Zinsanhebungen der Zentralbanken. Vor diesem Hintergrund ist denkbar, dass die EZB eine Kehrtwende des Taperings vornehmen könnte respektive die italienischen Staatsanleihen auf unbestimmte Zeit aufkaufen muss, um tiefe Refinanzierungszinsen zu ermöglichen und in der Konsequenz das finanzielle Überleben von Italien zu garantieren. Der Credit Spread ist ein Gradmesser für den Gesundheitszustand eines Lands und deutet aktuell auf einen Tumor im südeuropäischen Staat hin.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Reduktion der EZB-Anleihenkäufe, die mögliche politische Instabilität und die Zweifel über die Investitionen des Recovery Funds zu höheren Zinsen und Spreads der italienischen Staatsanleihen geführt haben. Das Länderrisiko hat an Bedeutung gewonnen und könnte die EZB dazu zwingen, italienische Staatsanleihen noch für eine sehr lange Zeit zu kaufen, um den finanziellen Ruin des Lands zu verhindern.