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Was, wenn die Inflationsprognosen falsch sind? - GLKB

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Was, wenn die Inflationsprognosen falsch sind?

Header Anlagethema 05.2022

Sparschwein auf Waage

Alle reden darüber, aber niemand weiss, wohin sie führen könnte...

Content Anlagethema 05.2022

Die Rede ist von der Inflation, einer Art Geist, der über unserem Wirtschaftssystem schwebt. Vor einem Jahr haben wir über das Risiko eines Anstiegs der Konsumentenpreise bis hin zu einer Stagflation gesprochen (siehe Beitrag vom März 2021). Zentralbanken, insbesondere die Fed, haben den Preisanstieg der letzten Monate lange als Übergangsphänomen bezeichnet, sind inzwischen jedoch von der Realität eingeholt worden. Die Covid-19-Pandemie und der unmittelbar folgende Ukraine -Krieg haben die Inflation zu einem strukturellen und wahrscheinlich langfristigen Phänomen gemacht. Lieferengpässe von Chips und anderen Vorprodukten, Lieferverzögerungen sowie steigende Energie- und Rohstoffpreise haben in den Industrieländern zu kontinuierlichen Preissteigerungen geführt. Die aktuelle Inflation beträgt 8,3 Prozent auf Jahresbasis in den USA und 7,5 Prozent in der Eurozone, ein Niveau, das seit über 40 Jahren nicht mehr erreicht worden ist. Diesem Aufwärtstrend versuchen die Notenbanken weltweit mit allen Mitteln entgegenzuwirken. Insbesondere die Fed und die EZB müssen ihre riesigen Anleihebestände abbauen und den Leitzins so schnell wie möglich erhöhen. Aus der ultraexpansiven ist eine ultrarestriktive Geldpolitik entstanden. Jetzt ist in den Medien nicht mehr von Quantitative Easing (QE), sondern von Quantitative Tightening (QT) die Rede, was den Abbau von Anleihen in den Zentralbankbilanzen bedeutet. Rückblickend auf die vergangenen zwölf Monate ist eines sicher: Sowohl die Zentralbanken als auch die Analysten konnten den Inflationsverlauf nicht korrekt vorhersagen. Natürlich konnte niemand die russische Invasion prognostizieren, aber selbst nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs wurde die Gefahr unkontrollierter Preiserhöhungen oft übersehen. Auch hier wird eine höhere Inflation von Zentralbanken und Ökonomen als mittelfristiges Ereignis angesehen, obwohl sie wahrscheinlich länger auf höherem Niveau bleiben wird. Was, wenn sie wieder falsch liegen? Der Ausbruch der Pandemie und die Ukraine-Russland-Krise haben die Inflation auf einen Höchststand getrieben. Die Zukunft bringt höchstwahrscheinlich die Zunahme von geopolitischen Spannungen und einen weiteren Anstieg des Ressourcenverbrauchs, wie beispielsweise jenen von Energie, Industriemetallen und Agrarrohstoffen. Dies würde wiederum zu Preiserhöhungen führen. Eine neue Ära hat begonnen, wobei das durch die Pandemie und den Krieg entstandene Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage die Inflation aus ihrem Schlaf geweckt hat.

Vor diesem Hintergrund steht die Frage, ob sogar eine Stagflation auftreten kann, was bedeuten würde, dass die Weltwirtschaft gleichzeitig eine zweistellige Inflation und eine Rezession erfährt. Heutzutage sind die Notenbanken erfahrener und verfolgen glaubwürdige Strategien zur Erreichung der Preisstabilität. Zudem hat sich ein breiter Konsens gebildet, dass die Inflationsbekämpfung oberste Priorität haben sollte. Dies gilt selbst dann, wenn damit vorübergehende Wachstumseinbussen in Kauf genommen werden müssen. Der steigende Inflationsdruck zwingt die Notenbanken, die Leitzinsen so schnell wie möglich anzuheben. Auch darf nicht vergessen werden, dass die Niedrigzinspolitik viel Liquidität bereitgestellt hat. Diese riesige Geldmenge ist eine weitere Ursache für Preissteigerungen bei Gütern und Waren. Wie bereits erwähnt, gibt es viele Faktoren, die zu konstant hohen Inflationswerten und damit zu höheren Zinsen führen. Wie stark die Zinsen steigen werden, ist schwierig vorherzusagen; wir gehen zurzeit davon aus, dass die Fed die Leitzinsen Richtung 2,5 Prozent anheben wird. Auch die EZB und die SNB werden mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre Leitzinsen in den nächsten zwölf Monaten anheben müssen. 

Das Risiko einer Stagflation ist noch nicht so hoch, wie manche Analysten und Investoren befürchten, aber es nimmt zu. Wenn eine Stagflation Realität würde, dann hätte das erhebliche Folgen für die Finanzmärkte. Über Inflation und Stagflation haben wir vor einem Jahr berichtet, lange bevor die Inflation auf das aktuelle Niveau gestiegen ist. In der Eurozone wird die Unterbrechung der Gaszulieferung als Stagflationsrisiko angesehen, da sich die Wirtschaft sofort abschwächen wird. Zudem verschärfen Sanktionen weltweit die Lieferengpässe und erschweren den Handel zwischen Ländern. Nicht zuletzt wirken steigende Zinsen konjunkturhemmend. Neben der unsicheren geopolitischen Situation stellt Covid-19 erneut ein Risiko für die chinesische Wirtschaft dar.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nicht nur die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg zu einem Anstieg der Verbraucherpreise geführt haben. Vielmehr haben auch künftige geopolitische Spannungen und der Kampf um Öl, Industriemetalle und Agrarprodukte die Inflation verstärkt und werden dies weiterhin tun. Wenn es den Zentralbanken nicht gelingt, die Inflation in den Griff zu bekommen, ist die Annahme realistisch, dass die Zinsen länger auf einem hohen Niveau verharren werden. Tritt ein solches Szenario ein, bedeutet dies für den Anleger, eine konservative Strategie zu bevorzugen, wobei Realwerte wie Gold und kommerzielle Immobilien das Portfolio optimal ergänzen. Das Obligationenportfolio sollte eine sehr kurze Duration haben und gegebenenfalls durch variable verzinste Anleihen ergänzt werden. Der Aktienanteil sollte Unternehmen umfassen, die eine Preismacht besitzen und somit die höheren Kosten weitergeben können. Die defensiven Sektoren Basiskonsumgüter und Gesundheitswesen sind entsprechend zu bevorzugen. 

Unabhängig vom Inflationsverlauf werden Anleger in nächster Zeit gute Nerven benötigen. Deshalb sei erwähnt, dass Angst gerade in turbulenten Zeiten kein guter Ratgeber ist und die Investoren an Ihrer Strategie festhalten sollten. 

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