Ressourcen, eine neue Weltordnung und Stagflation - GLKB
Ressourcen, eine neue Weltordnung und Stagflation
Ressourcen, eine neue Weltordnung und Stagflation: Was bedeutet dies für Investoren?
Die globale Wirtschaftsentwicklung scheint sich infolge des Ukraine-Kriegs und diverser Zinserhöhungen abzuschwächen. Zudem treten wir in eine neue Weltordnung mit weniger Globalisierung und internationalem Handel ein, wovon wir bereits in unseren Monatskommentaren gesprochen haben. Nachdem die Fed und die EZB gezögert haben, die Geldpolitik zu straffen, ist es für die Währungshüter eine grosse Herausforderung, die Inflation zu bekämpfen, ohne die Konjunktur abzuschwächen. Das Makroumfeld und die daraus resultierenden Kapitalausblicke werden anspruchsvoller. Im letzten Monatsthema haben wir das Bild zweier gegensätzlicher Blöcke skizziert, das sich in den letzten Tagen und Wochen weiter manifestiert: Auf der einen Seite steht der demokratische Westen, der sich in den nächsten Monaten mit zunehmenden Herausforderungen konfrontiert sieht. Eine ansteigende Inflation wird unweigerlich zu sozialen Anspannungen führen, die sich in Europa und den USA in den kommenden Monaten auch in den Wahlergebnissen manifestieren dürften. Dabei könnten die 41 Prozent, die Marine Le Pen bei der französischen Präsidentschaftswahl erzielen konnte, womöglich erst der Anfang sein. Auch wenn die Schweiz von derartigen Zerwürfnissen verschont bleiben dürfte, haben die Wahlausgänge in unseren Nachbarländern dennoch einen unmittelbaren Einfluss auf unsere Wirtschaft und Politik. Auf der anderen Seite beobachten wir ein autark-autoritäres Bündnis zwischen China und Russland. Es stellt sich weiter die Frage, wie sich grosse und bedeutende Schwellenländer wie Indien oder Brasilien in diesem neuen Blockdenken positionieren werden. Diese ungewisse Lage dürfte an den Finanzmärkten weiterhin zu Unsicherheiten und folglich zu Turbulenzen führen. Konkret bedeutet diese neue Lage weniger Exporte, Güterhandel und Technologie.
Aus den genannten Gründen sehen viele Analysten ein Szenario, wie es sich seit den frühen 1970er-Jahren nicht mehr ereignet hat: die Stagflation. Von einer Stagflation wird gesprochen, wenn eine Wirtschaftsabschwächung mit steigenden Preisen einhergeht. Die Stagflation in den 1970er-Jahren wurde durch die Spannungen im Nahen Osten angefacht und hatte eine Verknappung fossiler Brennstoffe und damit einen Anstieg der Ölpreise zur Folge. Betrachten wir die Öl- und Gaspreisentwicklung der letzten Monate, kann über gewisse Analogien nicht hinweggesehen werden. Dies nicht zuletzt, da der Westen praktisch keine Rohstoffe und fossilen Brennstoffe wie Kohle, Öl und Erdgas hat. Die erneuerbaren Energien (unter anderem Wind- und Solaranlagen, Biomasse) stellen leider immer noch einen zu geringen Anteil an der gesamten Energieproduktion in den westlichen Industrieländern dar. Um den Zusammenhang zwischen der Inflation und den fossilen Brennstoffen zu resümieren, lässt sich sagen, dass der Grossteil der hohen Inflation auf die Verknappung von Öl und Erdgas zurückzuführen ist. China und Russland kontrollieren die Ressourcen in Afrika und Lateinamerika. China hat solide Partnerschaften mit afrikanischen Regierungen aufgebaut. Russland verfügt praktisch über alle Ressourcen: Erdgas, Öl, Kohle, Getreideproduktion und Mineralien, die die westlichen Volkswirtschaften zum Funktionieren benötigen. Hier wird ersichtlich, dass die russisch-chinesische Allianz ein Monopol auf Ressourcen hat, deren Knappheit höhere Ressourcen- und höhere Verbraucherpreise in Europa bedeutet.
Eine weitere Folge des Ukraine-Kriegs und der daraus resultierenden Blockbildung sind die steigenden Agrarpreise, die die Inflation weiter stützen dürften. Russland und die Ukraine liefern 40 Prozent des weltweiten Weizens, aber das russische Militär blockiert die Häfen der Südukraine und verhindert die Lieferung landwirtschaftlicher Produkte an die Industrieländer. Diese Situation könnte nicht nur die Agrarpreise weiter in die Höhe treiben, sondern auch eine weltweite Nahrungsmittelkrise auslösen.
Darüber hinaus geben westliche Länder immer mehr Geld für fiskalpolitische Massnahmen aus, um der wirtschaftlichen Abschwächung entgegenzuwirken. Dies wiederum bedeutet mehr Schulden in den öffentlichen Haushalten, was die Anleiherenditen in stark verschuldeten Ländern wie Italien, Spanien und Griechenland in die Höhe treiben wird. Auf all diese Risiken haben wir bereits in unseren vergangenen Monatskommentaren ausführlich hingewiesen.
In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, den Anlegern alle wichtigen makroökonomischen Faktoren zusammenzufassen und in einem Szenario zu erläutern: Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich ein Szenario entwickelt, in dem die neue Weltordnung, die Stagflation und die Ressourcen eine bedeutende Rolle spielen könnten. All dies müssen die Anleger bei der Gestaltung ihrer Anlagestrategie berücksichtigen. Auch hier ist anzumerken, dass dies noch nicht der Fall ist. Es zeichnet sich jedoch ein Makroumfeld in diese Richtung ab. Anleger sollten eine konservative Vermögensallokation wählen und sich auf weniger exponierte Bereiche wie Basiskonsumgüter-Aktien und Unternehmen mit starken Bilanzen konzentrieren. Wir halten es zudem nach wie vor für sinnvoll, hochwertige Anleihen mit kürzeren Laufzeiten zu berücksichtigen. In volatilen und turbulenten Märkten ist es wichtig, auf eine umsichtige Anlagestrategie zu setzen, bei der die verschiedenen Anlageklassen breit gestreut sind.
Wir erwähnen nochmals, dass es gerade in stürmischen Zeiten ratsam ist, an der Strategie festzuhalten und abzuwarten, bis sich die Märkte wieder in ruhigeren Gewässern befinden.