Was ist Tapering? - GLKB
Was ist Tapering?

Die Leistung einer Volkswirtschaft innerhalb eines Jahres wird durch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessen. Das BIP gibt also den Wert sämtlicher durch die inländische Bevölkerung in einem Jahr hergestellten Güter und Dienstleistungen an. Somit gilt das BIP als eine wichtige Messgrösse für das Wirtschaftswachstum eines Lands. Durch ein gesundes Wirtschaftswachstum entstehen in einer Nation Wohlstand und Arbeitsplatzsicherheit. Allerdings ist die Entwicklung des BIP an viele unterschiedliche Faktoren gebunden.
Wenn nun die Wirtschaft eines Lands schrumpft, wird weniger konsumiert und investiert. Als Folge der schwächeren Wirtschaft nimmt die Beschäftigung tendenziell ab und eine höhere Arbeitslosigkeit entsteht. Um diesem unschönen Problem entgegenzuwirken, können Staaten oder Notenbanken unterschiedliche Instrumente und Programme einsetzen. Dadurch versucht man der Wirtschaft wieder positive Impulse zu geben. Eine typische Anschubhilfe geht von der Geldpolitik aus, denn günstige Finanzierungsbedingungen fördern in der Regel wirtschaftliche Aktivitäten. Zentralbanken können dafür beispielsweise den Leitzins senken. Ein weiteres geldpolitisches Instrument zur Versorgung der Märkte mit genügend Liquidität in wirtschaftlichen Abschwungphasen liegt im systematischen Kauf von Anleihen. Indem Zentralbanken Staats- und Unternehmensanleihen kaufen, erhöht sich die im Wirtschaftskreislauf befindliche Geldmenge und die langfristigen Zinsen sinken. Dieser Vorgang wird unter Ökonomen als quantitative Lockerung bezeichnet. Gelangt nun also mehr Liquidität in Umlauf, zieht die Konjunktur in der Regel an und die Inflation nimmt zu. Hier kommt nun das Tapering ins Spiel. Unter Tapering versteht man die schrittweise Reduzierung der von den Zentralbanken ergriffenen Konjunkturmassnahmen, wenn sich eine Wirtschaft von einer Abschwungphase oder einer Wirtschaftskrise erholt. Dabei geht es um eine Reduzierung der Anleihekäufe oder die Rückführung quantitativer Lockerungsprogramme. Die Notenbanken nutzen also Tapering als Mittel zur Normalisierung der Geldpolitik. Das Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen der Unterstützung des Wirtschaftswachstums und der Minderung der Inflationsrisiken herzustellen.
Die Weltwirtschaft hat in den letzten Jahren einige Herausforderungen erlebt. Beispiele sind die Finanzkrise von 2008 und die Corona-Pandemie. Um solche Krisen zu meistern, mussten die Notenbanken zu aussergewöhnlichen Massnahmen, wie beispielsweise Zinssenkungen oder quantitative Lockerungen, zurückgreifen. Während der Corona-Pandemie haben Notenbanken beispielsweise Milliarden für den Kauf von Anleihen bereitgestellt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Dies kann natürlich kein Dauerzustand sein, denn eine gesunde Volkswirtschaft muss irgendwann wieder ohne die Hilfe der Notenbanken auskommen. Mit voranschreitender wirtschaftlicher Erholung müssen die geldpolitischen Impulse deshalb nach und nach zurückgefahren werden. So haben die Notenbanken Tapering eingesetzt, also den schrittweisen Abbau der wirtschaftsstützenden Anleihenkäufe. Dies ist der erste Schritt der geldpolitischen Normalisierung, bevor die Notenbanken anschliessend ein stufenweises Anheben des Leitzinses ins Auge fassen. Das Tapering ist also ein Ausstieg aus einer ausgesprochen expansiven Geldpolitik.
Die Schweiz ist für ihre stabile Wirtschaft bekannt. So spielt die Schweizerische Nationalbank eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Schweizer Frankens und bei der Wahrung der Preisstabilität. Als die SNB im Januar 2015 Negativzinsen eingesetzt hatte, um eine übermässige Aufwertung des Frankens zu verhindern, entstanden im Hinblick auf Tapering besondere Herausforderungen für die SNB. Durch die Einführung von Negativzinsen sollten Schweizer Exporteure geschützt und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz bewahrt werden. Doch solch eine Geldpolitik kann unbeabsichtigte Folgen wie etwa Verzerrungen auf dem Finanzmarkt haben. So ist das Tapering ein Balanceakt für Notenbanken. Wenn sich die Weltwirtschaft erholt, muss die SNB den Umfang der Wertpapierkäufe reduzieren und die Zinssätze erhöhen, wie dies in naher Vergangenheit beobachtbar war. Eine zu schnelle Änderung des geldpolitischen Kurses kann jedoch zu einer Aufwertung des Frankens führen, was Schweizer Exportunternehmen schaden kann. Auch muss die SNB die Tapering-Auswirkungen auf andere Zentralbanken beachten, denn eine zu stark abweichende Geldpolitik kann sich negativ auf die Wechselkurse oder Kapitalströme auswirken. Tapering ist also ein komplexer Prozess. Im Fall der Schweiz erfordert die Verpflichtung der SNB, die Preisstabilität zu wahren und den Wert des Schweizer Frankens zu steuern, sorgfältige Entscheidungen, um negative Folgen für die Schweizer Wirtschaft zu vermeiden.

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