Was ist das Marktsentiment? - GLKB
Was ist das Marktsentiment?
In einem persönlichen, physisch stattfindenden Gespräch erleben wir unser Gegenüber unmittelbar real und mit allen Sinnen. Gestik, Mimik, Körperhaltung oder Stimmlage – viele Indikatoren verraten uns etwas über den Zustand und die Gemütslage unseres Gesprächspartners, sodass wir ihn in der Regel gut einschätzen können. Ein Markt ist nach allgemein gültiger Lehre als der Ort definiert, an dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen. Er konstituiert sich aus unzähligen Marktteilnehmern, die sich über den gesamten Globus verteilen. Dazu gehören private und institutionelle Verbraucher, Produzenten und Dienstleister, Verbände, Meinungsbildner, der Staat, die Politik, Medien und viele mehr. Durch Transaktionen, Begegnungen und Informationsaustausch sind die Marktteilnehmer täglich untereinander verbunden und vernetzt.
Wenn jedes Individuum eine eigene Stimmungslage erlebt, so geschieht dies auch in der Masse. Aus der Befindlichkeit Tausender Marktteilnehmer entsteht eine Gesamtstimmung, die sich lokal oder flächendeckend ausbreitet und überträgt. Sie kann Märkte belasten oder beflügeln – die Grenze zwischen Euphorie und Panik ist fliessend und wird im Wesentlichen von konjunkturellen oder geopolitischen Ereignissen bestimmt. Dabei spielt der Herdentrieb eine bedeutende Rolle. Die Flut an Informationen ist gewaltig und täglich kommen unzählige über vielfältige Kanäle dazu. Informationen genau zu analysieren, auf ihre Richtigkeit zu prüfen und die daraus entstehenden Folgen abzuschätzen, ist für eine einzelne Person kaum zu bewältigen. Also berücksichtigt man neben der eigenen Meinung und Einschätzung auch immer diejenige anderer Marktteilnehmer und prüft deren Reaktion.
In der Volkswirtschaftslehre ist oft die Rede von der unsichtbaren Hand, die den Markt lenkt, ihn im Gleichgewicht hält oder wieder dorthin zurückführt. Dennoch reagieren Märkte oft irrational und übertrieben auf neue Ereignisse. Grund dafür ist, dass die Folgen einer neuen Situation nicht unmittelbar einschätzbar sind. Dies gilt sowohl in guten wie in schlechten Marktlagen. Ist die Stimmung erst einmal schlecht, braucht es viel Zeit, ermutigende Marktentwicklungen und Vertrauen, bis sich die Stimmung wieder aufhellt und das Marktsentiment positiv ist. Wie die Schwarmintelligenz wird das Marktsentiment durch die Gesamtheit aller Marktteilnehmer gebildet.
Wie kann die Marktstimmung am Kapitalmarkt quantifiziert werden? Es gibt einige Instrumente, das bekannteste ist jedoch das Put-Call-Verhältnis. Mit einer Put-Option setzen Investoren auf fallende Aktien- oder Indexkurse. Das entsprechende Gegenstück ist die Call-Option. Damit setzen Anleger auf steigende Aktien- oder Indexpreise. Übersteigt die Anzahl an Put-Optionen jene der Call-Optionen am Kapitalmarkt, ist das ein Hinweis, dass die Markteilnehmer hinsichtlich der weiteren Markdynamik skeptisch sind und umgekehrt.
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